Erziehung und Ausbildung eines Familienhundes
Über Hundeerziehung sind viele Bücher geschrieben worden - jeder Hund ist ein Individuum und sollte als solches auch entsprechend individuell erzogen werden. Jedoch gibt es einige Grundregeln für die Hundeerziehung, die - mehr oder weniger - für jeden Hundehalter anwendbar sind. Eines sollten Sie sich jedoch bei der Erziehung Ihres Hundes immer vor Augen halten:
Geduld - Geduld - und nochmals Geduld.
Aufgrund eigener Erfahrungen bezüglich Hundehaltung und -erziehung gebe ich Ihnen hier einige Ratschläge, die vielleicht hilfreich sind - beachten Sie aber bitte: jeder Hund kann in einer bestimmten Situation anders als beschrieben reagieren und jeder noch so gute Ratschlag kann versagen, Sie müssen also selbst probieren, worauf Ihr Hund besonders positiv reagiert.
1. Üben Sie mässig aber regelmässig und beginnen Sie schon im Welpenalter.
Motivieren Sie Ihren Hund - durch Lob, Streicheln, Belohnung etc. und - wenn nötig - strafen Sie "dosiert", der Art des Vergehens entsprechend.
Sinnloses Prügeln und andere unbeherrschte Reaktionen sind strikt abzulehnen. Wenn nötig, ein leichter Klaps, Verbotsworte, härtere Tonart etc.
2. Üben Sie mit einem normalen Halsband
(z.B. Leder oder Stoff etc., maximal Kettenhalsband ohne Zug); Stachelhalsbänder gehören zu den Hart-Dressur-Mitteln und sollten nur wohldosiert, mit Fachverstand, eingesetzt werden und sind immer als höchstenfalls vorübergehendes Erziehungsmittel anzusehen - nicht etwa als Dauerhalsband, wie man leider sehr oft sieht. Wenn Sie dieses Halsband zu oft einsetzen, besteht die Gefahr, daß sich der Hund an diesen "Starkzwang" gewöhnt und Ihnen bleiben keine Steige-
rungsmöglichkeiten. Also immer mit der "mildesten" Stufe beim Bestrafen beginnen; viel wichtiger ist hier Konsequenz, also etwas sofort verbieten, klare Grenzen setzen - dann brauchen Sie auch keinen Starkzwang.
3. Falls Sie Ihren Hund überall hin mitnehmen wollen und auch mit ihm Reisen wollen,
sollten Sie unbedingt bereits ab Welpenalter mit der Gewöhnung an Autofahren, Aufenthalt in Restaurants, evtl. Besuch eines Kaufhauses, Fußgängerzone etc. beginnen. Sie müssen dem Welpen und Junghund die Sicherheit vermitteln, daß ihm in Ihrer Begleitung nichts passieren kann - egal womit und wohin Sie unterwegs sind. Beüben Sie auch Fahrstuhlfahren, Begehen von verschiedenen Böden (glatte Böden, Spiegelreflexe etc.) und gewöhnen Sie Ihren Hund frühzeitig an die dazugehörige Geräuschkulisse (Verkehrslärm, Musik, lautes Sprechen etc.)
Und nun auszugsweise einige Ratschläge aus diversen Büchern von Fachautoren.
aus:
HUNDE ERNST GENOMMEN - von Eberhard Trumler (+)
Eberhard Trumler hat sich Zeit seines Lebens mit dem artgerechten Verhalten von im Rudel lebenden Hunden - Haushunden, Wildhunden, Mischungen - beschäftigt; weniger dagegen mit Hundeerziehung. Da aber das Verständnis des hundlichen Verhaltens eine wichtige Grundvoraussetzung für eine artgemäße Erziehung ist, kann aus den Büchern von Eberhard Trumler auch für das Gebiet "Erziehung" großer Nutzen gezogen werden.
Entwicklungsstatus:
Prägungsphase (4.-7. Lebenswoche) beim Züchter
Sozialisierungsphase (8.-12. Lebenswoche) beim Hundehalter
Rangordnungspahse (13. - 16. Lebenswoche)
Rudelordnungsphase (5.-6. Lebensmonat)
Aggressionstrieb, Arterhaltung usw.
Aggressionsverhalten kann - zumindest vorübergehend - durch gewisse Erfahrungen (Überlegenheit) gesteigert oder (mehrfaches Unterliegen) vermindert werden. Beim gut geprägten Hund ist der Mensch eine Art höherstehender Artgenosse. Wenn der gesunde, normale Hund einen Menschen beißt, beißt er einen Artgenommen. Und ein normaler, gesunder (!) Hund beißt einen Artgenossen nur dann, wenn er hierfür seine Gründe hat.
Zum "angeblich so aggressiven Rüden": Rüden besitzen normalerweise ein von der Natur aus generalisiertes Pflegebedürfnis - das Kindchenschema (nach Lorenz) ist allgemeingültig und wird in der Regel angewandt auf alles, was die Merkmale eines Kindes aufweist (im Verhältnis zum Körper großer Kopf, rundliche Gestalt, runde große Augen etc.). So gelang es in Wolfswinkel (Forschungsstation von E. Trumler, jetzt Ges. f. Haustierforschung und E. - Trumler - Gedächtnisstation) mit Hilfe von Rüden verwaiste Katzenwelpen großzuziehen.
Wenn es also irgendwo möglich ist, sollte man den Rüden mit in die Welpenaufzucht einbeziehen; die Welpen werden davon sicherlich profitieren.
Echte Aggression im innerartlichen Kampf ist relativ selten und bei gut geprägten Hunden, die ab dem Welpenalter an Artgenossen gewöhnt werden, normalerweise nicht vorhanden.
Jagdverhalten hat mit Aggression nichts zu tun.
Einige Regeln:
Rüden verletzen normalerweise niemals eine Hündin oder Welpen/Junghunde. Rüden können so sehr unter dem Einfluß einer heißen Hündin stehen, daß sie sich von dieser sogar beißen lassen. Rüden können allerdings unter dem Einfluß einer heißen Hündin u.U. die Grund-regeln durchbrechen. Bei einer künstlich zusammen-geführten Gruppe - im Gegensatz zum natürlichen Rudel - müssen eben Rangordnungen erst festgelegt werden; dies kann kampflos geschehen oder aber - wenn mehrere gleich dominante Charaktere aufeinandertreffen - durch einen Kampf entschieden werden. Solange sich aber das Rudelgefüge nicht verändert (neu hinzukommende Welpen/Junghunde sind hiervon ausgenommen), gibt es in einer solchen Gruppe keinen Grund für Rang-ordnungskämpfe.
Man sieht hier sehr gut die Unterschiede auf Ausstellungen: Bei Rassen mit einer relativ hohen Reizschwelle geht es verhältnismäßig ruhig zu, bei manch anderen Rassen genügen schon kleinste Anlässe, um die gesamte Aggression hervorbrechen zu lassen.
Merke: Der Aggressionstrieb ist ein normaler Instinkt und bedarf von Zeit zu Zeit eines Ventils,
um keinen übermächtigen Stau entstehen zu lassen.
Eine gute Auslastung des Hundes (Bewegung, Spiel mit anderen Hunden, diverse Ausbildungen) sind hier ein gutes Ventil, um die natürliche Aggression wohl dosiert abzulassen.
Anmerkung hierzu: Um solche Fehlprägungen, mangel-hafte Sozialisierung usw. zu vermeiden, wären Welpen- und Junghundespieltage sowie die Integration verträg-licher erwachsener Hunde in diese Gruppen ein ideales Mittel. Ein Hund, der von klein auf viel Kontakt-möglichkeiten und unterschiedliche Umweltreize geboten bekommt, wird mit ziemlicher Sicherheit seine rassebedingt unterschiedlichen guten Anlagen voll entwickeln können und die Hundehalter könnten sich viele Probleme (Raufer, angeblich "verhaltensgestörte" Hunde usw.) ersparen bzw. dieselben gering halten.
Erhöhte Aggression muß jedoch nicht unbedingt angeboren, sie kann auch erworben sein (jahrelanges ausschließliches Zwingerleben, negative Jugend-entwicklung, keine oder fehlerhafte Sozialisierung etc.). Auch einschneidende Erlebnisse können eine Aggressionsbereitschaft erhöhten Ausmaßes bewirken.
Unsere modernen Haushunde sind nichts anderes als noch immer Wolfswelpen, deren Verhaltensinventar etwa auf dem Stand des Alters von 5 Monaten stagniert ist.
Man kann einen Hund entweder als Wolfswelpen ansehen, der sich sehr jung fortpflanzt - oder als ausgewachsenen Wolf, der nie alt wird !
Eine Ursache individueller Unterschiede bei Hunden ist das Alter, in dem ein Welpe vom Züchter abgeholt wird. Wissenschaftler haben nachgewiesen, daß Stimulation von frühester Jugend an ein wichtiger Faktor ist, der die körperliche wie seelische Entwicklung zu beschleunigen vermag. Worin aber besteht die optimale Frühumgebung?
- Welpenspielgruppen sind z.B. eine ausgezeichnete Möglichkeit, dem Hund von zarter Jugend an die Möglichkeit zu ausreichenden Kontakten mit Artgenossen zu bieten;
- ferner sollte ein Junghund völlig unbestritten mit einer breiten Vielfalt von menschlichen Wesen aller Größen, Geschlecht, Nationalität und Alter Kontakt haben;
- ferner ist ein weiterer wichtiger Beitrag, dem Junghund bereits so früh wie möglich andere Tierarten wie Katzen, Pferde, Geflügel usw. bekannt zu machen.
- die Anwesenheit eines anderen Hundes im Haus oder unmittelbarer Nähe ist wohl die Hauptlernquelle für einen Junghund.
Wenn der Hundehalter eine erhöhte Aggressions-bereitschaft bei seinem Tier feststellt, sollte er sich bemühen, diese Aggression in Bahnen zu leiten, z.B. durch entsprechendes Spiel, Arbeit, Ausbildung. Speziell der spielerische Zweikampf um Gegenstände, spielerisches Raufen usw. eignen sich hervorragend, um Aggression in kleinen harmlosen Dosen abzulassen und einen Aggressionsstau zu verhindern.
Ein normaler Hund springt keinen vorbeikommenden Fremden an, um ihn zu beißen. Er warnt erst einmal sicht- und hörbar (Knurren, Zähne zeigen usw.). Kämpfen ist Sache des Rudelführers - also des Hundehalters in diesem Falle.
Was wir in der heutigen Zeit brauchen, sind kluge, selbstsichere, wesensstarke Hunde
- aber keine aggressiven, ängstlich-nervösen Tiere.